Heimchen am Herd? Corona könnte Ungleichheiten zwischen Geschlechtern verstärken

Aufteilung der Kinderbetreuung bei Paaren, die sie vor der Krise gleich verteilt hatten: Nur 60% halten an ausgeglichener Arbeitsteilung fest

Die Corona-Krise ist eine riesige Belastung. Das gilt für das Gesundheitssystem, für die Wirtschaft, unseren Sozialstaat und auch für die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. Ungerechtigkeiten gab es schon vor Corona. Jetzt aber nehmen sie überall zu. Forscherinnen der Hans-Böckler-Stiftung haben in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass es die erwerbstätigen Mütter sind, die zurzeit den größten Teil der unbezahlten Sorgearbeit tragen.  

Erhebliche Nachteile für Mütter im Job

Arbeiten, Kinderbetreuung, Schulaufgaben, Haushalt, ältere Eltern – schon vor der Corona-Pandemie war es häufig schwer, alles unter einen Hut zu bekommen. Aktuell ist es für viele fast unmöglich. So haben in Haushalten mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren 27 Prozent der Frauen, aber nur 16 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduziert, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten. Die repräsentative Studie zeigt auch: Selbst bei Paaren, die vor der Krise die Sorgearbeit fair aufgeteilt hatten, ist das nur noch bei 60 Prozent der Fall. In 30 Prozent der Fälle übernehmen Frauen, in nur 10 Prozent die Männer den Hauptteil der Sorgearbeit. Sinkt das Haushaltseinkommen unter 2000 Euro, gelingt es nur noch 48 Prozent die Kinderbetreuung weiterhin gleich aufzuteilen.

Langfristig können sich daraus erhebliche Nachteile für die berufstätigen Mütter ergeben. Da die ökonomischen Folgen der Krise noch länger spürbar sein werden, wird eine Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit wahrscheinlich nicht für alle möglich sein. Das bedeutet auch: Die bestehende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern dürfte sich durch die Corona-Krise noch weiter vergrößern. Frauen mit geringerem Einkommen sind davon stärker betroffen als alle anderen.

Heimchen am Herd – das kann doch heute niemand mehr wollen, oder?

Die Forscherinnen haben auch in die Haushalte der befragten Eltern geschaut. Bei der Arbeitsteilung der Paare kommt es aktuell zu einer "Retraditionalisierung" – es läuft also wieder wie bei unseren Großeltern. Elke Hannack vom DGB-Bundesvorstand sagt dazu: "Heimchen am Herd – die Frau zu Hause, während der Mann arbeiten geht – dieses überholte Rollenmuster kann heute niemand mehr ernsthaft wollen." Wirklich nicht? Was ist Ihre Meinung dazu? Schreiben Sie uns. 

Elke Hannack meint übrigens auch, dass das nicht nur ein Problem ist, das die Paare selbst lösen müssen, sondern dass hier politisch viel getan werden könnte und müsste: "Die Politik hat es in der Hand, hier jetzt gegenzusteuern, indem sie die Maßnahmen für Eltern verlängert und aufstockt – damit sie flexibel von den Beschäftigten genutzt werden können. Passiert dies nicht, ist ein Roll Back absehbar." Was sollte Ihrer Meinung nach politisch getan werden für Frauen, für Eltern und für Kinder?

>> Schreiben Sie uns Ihre Ideen, Wünsche oder Forderungen!

>> Policy Brief WSI (05/2020): Die Corona-Krise trifft Frauen doppelt: Weniger Erwerbseinkommen und mehr Sorgearbeit