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Beschäftigte absichern: Testphase für Grundeinkommen

Zehntausende Menschen im Einzelhandel (z.B. H&M), in der Industrie und früher oder später auch in der Gastronomie gehen nun in Kurzarbeit und stehen durch bislang niedrige Löhne und Gehälter vor dem finanziellen Abgrund. Gleichzeitig unterstützt der Staat - sprich: Steuerzahler*innen - z.T. große profitorientierte Unternehmen in der aktuellen Krisenphase. Um unsere kreative Branche zu retten, müssen unzählige Selbstständige, Künstler*innen und Co. nun umständliche Anträge einreichen, um eventuell Gelder zur Überbrückung vom Staat zu erhalten.

Wir bauen damit einen sehr großen Verwaltungs- und Prüfapparat auf, der zum einen selbst personal- und kostenintensiv sein wird und akut nötiges Geld (z.B. für Miete) erst nach langwierigen Prozessen freigibt. Nicht alle werden diese Anträge stellen oder stellen können. Mangelnde Deutschkenntnisse oder schlicht Scham vor 'Sozialhilfe' werden einige davon abhalten. Die Folgen daraus tragen wir als Sozialstaat. Wir wenden nun extrem hohe Summen auf, um zu überprüfen, ob und wann gegebenenfalls eventuell jemand anteilig und in einer entsprechenden Höhe Unterstützung erwarten darf.

Dabei könnten wir auch anders. Nicht "zeig alles, was du hast und wir entscheiden, ob du was bekommst und prüfen aufwändig, wieviel" sondern "du bist Teil unserer Gesellschaft und musst das nicht beweisen". Mit einem Minimaleinkommen für alle, ohne Prüfung ohne Heckmeck ohne Aufwand.
Verwaltungen hätten Zeit, sich um die Gestaltung unserer Gesellschaft zu kümmern. Um Demokratieförderung. Menschen verhalten sich sozialer, wenn sie selbst finanziell abgesichert sind. Wir als Gewerkschaften könnten um uns endlich um die tatsächliche Gestaltung der Arbeit der Zukunft kümmern und für eine lohnens- und lebenswerte Arbeitswelt streiten. Es bleibt genug zu tun.

Arbeit wird immer sinnstiftend bleiben. Menschen werden weiterhin arbeiten. Den wenigsten reicht ein minimales Grundeinkommen für ihre persönlichen Bedürfnisse. Doch hätten sie womöglich weniger Scheu, nun bei der Ernte auszuhelfen, in Krankenhäusern zu putzen etc., wenn ihr (Grund-)Einkommen gesichert ist und sie dieses durch Arbeit erhöhen können.

Über die Höhe eines Grundeinkommens lässt sich streiten. In der Krise ist die Zeit, eskalierenden Mieten, Tarifflucht und Lohndumping - sprich: der Übermacht einiger Weniger - ein anderes Konzept entgegenzusetzen. Das der Solidarität.

Kommentare

Es hört sich easy an, allen ein Bedingungsloses Grundeinkommen bereitzustellen, um so am besten durch die Krise zu kommen. Aber das Ganze ist doch viel komplexer.
Ich finde Kolja Rudzio hat in seinem ZEIT-Artikel die Argumente sehr gut dargelegt, die gegen ein Corona-BGE sprechen und ich kann den Artikel nur empfehlen (https://www.zeit.de/2020/14/bedingungsloses-grundeinkommen-petition-schu...). Zwei Punkte sind aus meiner Sicht dabei besonders wichtig:
1. „Nicht alle sind in Not“:
Ich stimme Ihnen zu: Die Situation für die von Ihnen angesprochenen Selbständige, besonders für Künstler*innen, ist absolut besorgniserregend. Doch es gilt auch: Der Großteil der Menschen in Deutschland bezieht bisher weiterhin regelmäßige Einkommen, ein großer Teil der Bürger/innen sogar kaum vermindert (alleine die rund 23 Millionen Rentner/innen und Beamt/innen). Außerdem sorgen Tarifverträge zur Aufstockung bei Kurzarbeitergeld dafür, dass Menschen in Kurzarbeit häufig noch über 80% ihres Lohns erhalten.
Wir müssen uns dafür einsetzen, alle Arbeitsplätze zu erhalten, und dazu brauchen wir die bereits gestarteten Instrumente (Kurzarbeitergeld, Soforthilfen etc.). 1.000 Euro im Monat oder ein ähnlicher Betrag bei einem BGE können da bei den Unternehmen nichts erreichen.
Außerdem müssen wir an unseren Sozialleistungen für diejenigen festhalten, die sie nötig haben, und die sie jetzt einfacher als in normalen Zeiten beantragen können. Werden sie jetzt zugunsten eines BGE angefasst, ist es unwahrscheinlich, dass wir sie nach der Krise wieder installieren können.

2. Die Schuldenlast würde uns erdrücken:
Für die bereits beschlossenen Maßnahmen rechnet der Finanzminister einer Neuverschuldung in einer nie dagewesenen Höhe. Wenn jetzt noch ein BGE oben drauf kommt, dann werden wir die Schulden mindestens verdoppeln. Und die würde dann wieder zu einem Stillstand bei Investitionen in den nächsten Jahrzehnten führen.

Alleine aus diesen Gründen erscheint mir ein BGE auch in der Krise nicht das richtige Mittel zu sein. Es wäre unsolidarisch gegenüber künftigen Generationen und denjenigen, die jetzt am dringendsten auf Hilfe angewiesen sind.